Bietigheimer Zeitung
Handball: Ebbe und Flut in den Kassen der SG

Bei der SG BBM Bietigheim herrschen unterschiedliche wirtschaftliche Voraussetzungen. Die Frauen sind kerngesund, bei den Männer klemmt es.

Die SG BBM Bietigheim ist auf den ersten Blick ein Erfolgsmodell in der deutschen Handballszene. Unter ihrem Dach gibt es eine Bundesliga- und eine Zweitligamannschaft, in der Saison 2014/2015 waren es sogar zwei Erstligateams. Die wirtschaftliche Seite spielt wie überall im Profisport auch bei der SG BBM eine wesentliche Rolle. Da wird streng unterschieden zwischen dem Budget der Frauen und dem Etat der Männer. Beides wird in unterschiedlichen Gesellschaften verwaltet.

Während die Frauen GmbH und Co. KG kerngesund ist und mit einem Saisonetat von knapp unter einer Million Euro wirtschaften kann, "pfeifen die Männer aus dem letzten Loch", wie es Eberhard Bezner ausdrückt. Der Seniorchef der Firma Olymp bezeichnet sich bei der SG BBM als "Sponsor und graue Eminenz". Den Posten als Beiratsvorsitzender führt er nach eigenen Angaben in beiden Gesellschaften nicht mehr aus.

Die Frauen, die in der kommenden Saison mit einem nochmals veredelten Kader erstmals im Europacup und erneut um die deutsche Meisterschaft spielen werden, erhalten nicht nur von der Firma Olymp Sponsorengelder, sondern auch aus Bezners Privatschatulle.

Seit rund zwei Jahren gibt es eine strikte Trennung zwischen den Kassen. Klar scheint, dass Handballfreund Bezner die Männer GmbH nicht ins Messer, sprich in die Zahlungsunfähigkeit laufen lassen würde. "Wenn sie Geld wollen und mich fragen, helfen wir ihnen. Ich werde die Männer nicht kaputt gehen lassen. Ich habe auch schon viele Dinge im Sponsoring vorbereitet. Aber mit mir spricht ja keiner", sagt der vitale 80-Jährige. Dabei missfällt ihm in diesem Bereich so einiges, vor allem die eine oder andere Personalentscheidung. Warum es zu der klaren Trennung zwischen Männern und Frauen innerhalb der SG BBM bei der Wirtschaftlichkeit gekommen ist, beschreibt er so: "Da haben eben einige gemeint, der will dann überall mitschwätzen."

Die Vorgehensweise innerhalb der beiden für den Spielbetrieb zuständigen Gesellschaften unter dem Dach der SG BBM erläutert deren Vorsitzender Steffen Merkle: "Früher als Verein hat man schon mal etwas hin-und hergeschoben. Aber man kann jetzt nicht mehr einfach etwas von den Frauen nehmen. Das sind zwei getrennte Gesellschaften. Es ist genau geregelt, wie die Sponsorenbeträge aufgeteilt werden."

Die im Umfeld der SG kolportierten 200.000 Miese bei der Männer GmbH kann Merkle nicht bestätigen. "Ich sehe die Situation nicht dramatisch. Natürlich ist es nicht einfach, Gelder zusammenzubringen, aber das geht ja vielen Vereinen so. Vielleicht müssen wir neue Wege gehen. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Sponsoren, um unser Ziel in naher Zukunft wieder anzugreifen, dorthin zurückzukehren, wo wir schon mal waren", sagt der SG-Chef, und meint die Rückkehr in die Bundesliga.

Dass die Männer GmbH bei Geldgebern wegen eines Vorgriffs auf zugesagte Zuwendungen vorstellig geworden ist, sei ein normaler Vorgang im Profisport, so Merkle. Dass daraus erhebliche Finanzprobleme konstruiert werden, kann er nicht nachvollziehen. "Kurzfristig kommt eben die Situation, in der man auf einmal die Beiträge für die Berufsgenossenschaft bezahlen muss. Deshalb versuchen wir, Sponsorengelder früher zu erhalten", erläutert Merkle den Vorgang, der publik geworden ist.

Bei der Lizenzerteilung für die Zweitliga-Saison hat die Handball-Bundesliga genau hingeschaut, vor allem auch auf die wirtschaftlichen Voraussetzungen, nachdem jüngst Klubs freiwillig den Rückzug angetreten haben. Die SG BBM hat die Lizenz erhalten. Zudem wurden Spielerverträge verlängert. Dass die Männer GmbH finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist, lässt sich auch an den defensiv getätigten Transfers mit lediglich zwei hoffnungsvollen Talenten erkennen.

In die Bredouille gekommen sein könnte die SG BBM durch und nach dem Bundesligaaufstieg. Drei nachverpflichtete Spieler, die den Kampf um den Klassenerhalt nicht völlig utopisch erscheinen lassen sollten, hätten den Etat um rund 150.000 Euro zusätzlich belastet, heißt es im Umfeld der SG. Hinzu kamen die höheren Ausgaben durch die Benutzungen der MHP-Arena sowie der EgeTrans-Arena. Die wurden zwar durch die sprunghaft angestiegenen Zuschauerzahlen aufgefangen, doch nach dem Abstieg in die Zweite Liga und dem verkorksten Saisonstart, blieben die Besucher weg und die Aufwendungen für die Arenen bestehen. Deswegen war es den Finanzen geschuldet, dass in Ludwigsburg vorgesehene Spiele in der Viadukthalle verlegt wurden.

Der neue Männer-Geschäftsführer Jens Lause spricht von einem "gedeckten, einnahmeorientierten Haushalt." Auch er weist aufgelaufene Schulden aus der Bundesligasaison in Höhe der genannten 200.000 Euro von sich. "Nein, das kann ich nicht bestätigen. Ich beteilige mich auch nicht an Spekulationen", so Lause. "Ich bin erst seit sechs Wochen im Amt, da maße ich mir noch nicht an, über etwas zu urteilen. Aber ich bin bemüht, alles in vernünftige Bahnen zu bringen. Man muss es auch mal grundsätzlich sehen: Wir haben die Möglichkeiten, alles in eine andere Richtung zu drehen", so der neue Geschäftsführer.

Von Lause hat die "graue Eminenz" Bezner eine hohe Meinung: "Das ist ein guter Mann, der versteht was. Er hat Ahnung von Handball und vom Marketing." Noch ist die genaue Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern Lause von der Männer GmbH und von Bastian Spahlinger von der GmbH der Frauen nicht klar geregelt. Bezner könnte sich vorstellen, dass jeder in seiner Gesellschaft tätig ist. "Die beiden wollen aber vieles gemeinsam machen", berichtet er. Der Gönner würde sich auch wünschen, dass das Modell, das er bei den Frauen eingeführt hat, auch auf die Zweitliga-Männer übertragen wird. "Martin Albertsen, Gerit Winnen und ich arbeiten wunderbar zusammen. Das zeigt der Erfolg", verweist Bezner auf die vertrauliche Basis mit dem Trainer, dem Sportdirektor und ihm als Geldgeber. "Die Frauen sind das Aushängeschild der SG. Mit diesem Team und einem hervorragenden Trainer können wir Europapokalsieger und deutscher Meister werden", ist Bezner überzeugt. "Die Frauen hatten in der SG lange keine Lobby. Das war eine Erbkrankheit aus den Zeiten des TSV Bietigheim und der Spvgg Bissingen", merkt Bezner an, und freut sich, dass die Leistungen immer mehr von den Zuschauern honoriert werden.

Ein Kommentar von Claus Pfitzer: Der Preis für den Erfolg
Der Profisport kostet viel Geld. Wohl dem, der einen großzügigen und nach Möglichkeit sportaffinen Sponsor oder Gönner hat. So wie die SG BBM Bietigheim mit Eberhard Bezner. Der Unternehmer investiert in sinnvolle Projekte, und das sieht er bei den Handballfrauen gegeben, die erstmals im Europacup und erneut um die deutsche Meisterschaft spielen werden. Dass der Zusammenschluss der Handballabteilungen aus drei Vereinen ein Volltreffer war, sieht man an den Erfolgen: Bundesliga und Zweite Liga mit den Aktiven. Dass die von Sponsor Bezner zur Verfügung stehenden Gelder nicht gleichmäßig auf beide Bereiche verteilt, sondern strikt getrennt eingesetzt werden, liegt an der mangelnden Kommunikation und der fehlenden Professionalität im Männerbereich. Lange Zeit galt dort der Grundsatz einer wirtschaftlich defensiven und auf Sicherheit bedachten Strategie. Die hat man wohl verlassen, anders sind die offensichtlichen Schwierigkeiten nicht zu erklären. Wer die Musik bezahlt, entscheidet, was gespielt wird. Das ist der Preis für die Abhängigkeit, aber meist auch für den Erfolg. Wie bei den SG-Frauen.

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