Bietigheimer Zeitung
Timo Schön im Interview: "Das war meine SG"

Mit der Trennung vom langjährigen Geschäftsführer Timo Schön sorgte der Handball-Bundesligist SG BBM Bietigheim vor knapp drei Wochen für eine Überraschung. Schön hielt sich zunächst bedeckt, mit einigem Abstand erzählt er im Interview über seine Zeit bei der SG BBM.

Herr Schön, Sie waren neun Jahre in verantwortlicher Position bei der SG BBM Bietigheim. War der Aufstieg in die Bundesliga der schönste Moment?

TIMO SCHÖN: Das war mit Sicherheit einer der Höhepunkte in dieser Zeit. Ich glaube, dass wir in den neun Jahren eine super Entwicklung hatten. Als ich dazugekommen bin, haben wir in der Zweiten Liga gegen den Abstieg gespielt, haben uns dann kontinuierlich weiterentwickelt und uns für die eingleisige Zweite Liga qualifiziert. Dort haben wir uns zu einem Spitzenteam gemausert. Letztes Jahr war der Aufstieg dann der Höhepunkt.

Der Abstieg ist kaum mehr zu verhindern. Ist die SG BBM zu blauäugig in die Saison gegangen?

SCHÖN: Es ist genau das eingetreten, was jeder vor der Saison erwarten konnte. Man muss nur die letzten Jahre anschauen, was mit den Aufsteigern passiert ist, fast alle sind nach einem Jahr wieder abgestiegen sind. Wenn man jetzt die Tabelle anschaut, sind alle drei Aufsteiger auf den letzten drei Plätzen. Man hat gewusst, dass der Sprung wahnsinnig schwer ist. Wir hatten deswegen den Plan ja auch auf zwei, drei Jahre ausgelegt, wollten dann soweit sein, um die Klasse halten zu können.

Hätte die SG BBM nicht mehr ins Risiko gehen sollen?

SCHÖN: Das ist die Frage. Es gibt genug Beispiele von Vereinen, die im ersten Jahr ein großes Risiko eingegangen sind und trotzdem die Klasse nicht gehalten haben und die es zum Teil gar nicht mehr gibt. Und es gibt andere Vereine, die sich in der Zweiten Liga schwer tun, die die Altlasten aus der Ersten Liga tragen. Es war für uns immer die oberste Prämisse, dass wir bei einem Aufstieg schon für das Jahr danach planen, also für die Zweite Liga, damit es im Falle eines Abstiegs mit dem Verein positiv weitergeht und wir nicht nur das eine Jahr hop oder top machen und unseren bisher erfolgreichen Weg verlassen.

Wie sehen Sie mit gewissem Abstand Ihre Trennung von der SG BBM?

SCHÖN: Mir selbst ist die Trennung sehr schwer gefallen und fällt mir auch noch schwer. Es war viel Herzblut, das ich reingesteckt habe in den letzten neun Jahren. Diese lange Zeit ist auf dieser Position ja nicht üblich. Für mich war es immer mehr als eine Arbeitsstelle. Ich habe viel Zeit und Kraft investiert. Es war meine SG. Deswegen fällt es mir umso schwerer, mich davon zu verabschieden. Ganz klar: Es ist nichts vorgefallen, es gab nur unterschiedliche Auffassungen.

Gab es zuvor keinerlei Anzeichen einer Trennung?

SCHÖN: Ich hatte im Januar etwas gehört und einen der SG-Vorsitzenden darauf angesprochen. Das wurde damals abgetan, derjenige meinte, er wüsste von nichts. Ich habe darum gebeten, dass man darüber spricht, falls etwas geplant sein sollte, damit ich mich neu orientieren könne. Ich habe dann erst eine Woche vor dem Antritt des neuen Geschäftsführers von der Trennung erfahren.

Das war für Sie dann schon sehr überraschend?

SCHÖN: In dem Moment schon.

Die SG BBM hat verkündet, es gebe unterschiedliche Auffassungen zwischen Ihnen und dem Verein, was die Zukunftsplanungen angehe. Welche Linie haben Sie denn vertreten?

SCHÖN: Ich habe die Linie vertreten, dass die SG sich weiter Schritt für Schritt auf einer soliden finanziellen Basis weitermacht. Das hat uns die letzten Jahre ausgezeichnet, deshalb haben wir immer die Lizenz ohne Auflagen erhalten.

Ein Ansatzpunkt im Zusammenhang mit der Neubesetzung des Geschäftsführerpostens war, man wolle die SG BBM regional mehr bekannt machen. Was lief da schief?

SCHÖN: Ich sehe es anders und denke, dass wir in der Region sehr tief verwurzelt sind. Wir haben den Sprung in die großen Arenen geschafft und haben uns in der Region und in ganz Deutschland einen guten Namen gemacht. Wir sind in der Region ein Name und eine Marke, die man aber sicher noch weiter ausbauen kann.

Welchen Vorwurf würden Sie sich selbst machen? Was hätten Sie vielleicht anders machen können?

SCHÖN: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Für mich war es immer wichtig, die Meinung zu vertreten, die uns in der Sache am weitesten bringt. Das war nicht immer die Meinung der Vorsitzenden. Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, der der SG weiterhilft. Wenn es mir rein um den Job gegangen wäre, hätte man es anders machen müssen.

Wollte der Vorstand schneller sportlichen Erfolg?

SCHÖN: Da bin ich der falsche Ansprechpartner, aber es ist utopisch zu glauben, wir steigen auf und etablieren uns in der Ersten Liga. Das ist die große Ausnahme. Es wäre für die SG BBM der richtige Weg, einen zweiten oder auch dritten Anlauf zu nehmen. Ich bin überzeugt, dass die SG dies schaffen kann. Die Chance ist da, man hat gesehen, wie handballbegeistert die Region ist. Die Entwicklung muss aber weitergehen. Wir haben im Vergleich zur letzten Saison den Etat fast verdoppelt. Trotzdem reicht dies noch nicht aus, um dauerhaft Erste Liga spielen zu können. Die Region ist als Standort für die Bundesliga geeignet. Wichtig ist, dass sich bei den Hallenkapazitäten etwas tut.

Hatten Sie Kontakt mit Ihrem Nachfolger Jochen Sandkühler?

SCHÖN: Wir haben uns am Donnerstag auf der Geschäftsstelle getroffen.

Und was besprochen?

SCHÖN: Nur kurz Guten Tag gesagt. Ich habe ihm einen guten Start gewünscht.

Vielen Dank für das Gespräch.


Ludwigsburger Kreiszeitung
„Daran habe ich noch ganz schön zu knabbern“

Nach neun Jahren wurde Timo Schön als Geschäftsführer der SG BBM Bietigheim fristlos entlassen – „Trennung nicht nachvollziehbar“

Die Nachricht war ein Paukenschlag, als Handball-Bundesligist SG BBM Bietigheim vor gut einer Woche die sofortige Trennung von Geschäftsführer Timo Schön verkündete. Neun Jahre war der Sport-Ökonom maßgeblich für die operative und sportliche Entwicklung des Vereins mitverantwortlich. Selbstvorwürfe macht sich der 37-Jährige nicht, ebenso wenig will er nach dem Rauswurf gegen den Verein nachkarten. Die Art und Weise der Trennung aber kann er nicht nachvollziehen.

Herr Schön, Ihnen wurde wie aus heiterem Himmel der Stuhl vor die Tür gesetzt. Hat Sie die Entscheidung überrascht?
Timo Schön: Das kam für mich sehr überraschend. Ich hatte zwar schon im Januar Gerüchte gehört, dass die SG ohne mich plant, und habe daraufhin bei einem der Vorsitzenden nachgefragt. Ich habe damals gesagt, sollte an der Geschichte etwas dran sein, sollten wir offen darüber sprechen. Für mich war es ein Gebot der Fairness, dass beide Seiten informiert sind und ich mich anderweitig orientieren könnte. Danach habe ich bis eine Woche vor dem 1. April nichts mehr gehört. In einer Besprechung mit den Vorsitzenden habe ich erfahren, dass es einen neuen Geschäftsführer gibt und ich mit sofortiger Wirkung freigestellt bin.


Wie wurde dieser Schritt begründet?
Im Detail kann ich darüber nicht sprechen, aber wir hatten schon unterschiedliche Auffassungen über die Weiterentwicklung. Die Meinung war, wir müssten eigentlich weiter sein. Sicher kann man immer weiter sein, aber ich finde, dass wir auf einem guten Weg waren. Als ich vor neun Jahren begonnen habe, haben wir in der 2. Liga gegen den Abstieg gespielt. Und wenn ich uns heute mit den Vereinen vergleiche, die damals mit uns auf Augenhöhe waren, dann glaube ich nicht, dass sich viele Vereine besser entwickelt haben als wir. Schließlich sind wir aufgestiegen in die eingleisige 2. Liga, haben uns dort in der Spitzengruppe etabliert und sind in die Bundesliga aufgestiegen. Wenn man dazu die Entwicklung der Frauenmannschaft und die Jugend mit ihren 40 Mannschaften betrachtet, würde ich schon sagen, dass wir eine sehr positive Entwicklung genommen haben. Das hat sich auch bestätigt in den Rückmeldungen, die ich jetzt von anderen Vereinen erhalten habe. Die sagen, dass Sie diesen Schritt der Trennung überhaupt nicht nachvollziehen können.

Vom neuen Geschäftsführer erwartet sich die SG „mehr Professionalität“. Wie stehen Sie zu dieser Äußerung?
Wo man sicherlich ansetzen kann, ist die Erweiterung der Geschäftsstelle. Wir haben mittlerweile drei hauptamtliche Mitarbeiter und einen Praktikanten. Da haben wir uns gut entwickelt. Aber wenn ich das mit anderen Vereinen vergleiche, die haben teilweise allein für die Bundesligamannschaft acht Mitarbeiter. Da kann man sicherlich noch einiges vorantreiben, natürlich immer unter der Voraussetzung, dass auch die finanziellen Mittel da sind, um das Ganze umzusetzen. Das muss mit der nötigen Weitsicht geschehen.

Haben Sie das Objekt Handball-Bundesliga unterschätzt?
Wir haben vor dem Aufstieg gesagt, wir wollen in die 1. Bundesliga. Wir haben einen Plan ausgearbeitet, der auf zwei bis drei Jahre ausgelegt war. Dann haben wir das Training umgestellt und mit Hartmut Mayerhoffer einen neuen Trainer dazugenommen, der auch die Einheiten in den Morgenstunden gewährleisten kann. All das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Wir sind relativ spät aufgestiegen, das hat die ganze Sache nicht erleichtert. Trotzdem haben wir gesagt, wenn wir die Chance haben, sollten wir sie als Herausforderung wahrnehmen. Letztlich ist nichts anderes passiert als das, was zu erwarten war.

Glauben Sie, dass ein sofortiger Wiederaufstieg zu schaffen ist?
Das wird sicher nicht einfach, ich glaube aber schon, dass wir die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Es geht noch um zwei oder drei Positionen, aber ich bin davon überzeugt, dass wir in der 2. Liga wieder eine Mannschaft haben, die ganz vorne mitspielen kann.
Man hatte zuletzt den Eindruck, dass es mehrere Richtungen gibt. Diejenigen, die eher bremsen und diejenigen, die den Verein vorantreiben wollen.
Da wird manchmal von außen sehr viel hereininterpretiert. Entscheidend wird sein, dass künftig alle an einem Strang ziehen.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?
Ich werde die SG weiter mit großem Interesse verfolgen. Es hat schon viel Herzblut dringesteckt, es war mein Verein und ich habe in den neun Jahren sicher mehr gemacht, als manch anderer gemacht hätte. Ich selbst werde ein paar Tage brauchen, um Abstand zu gewinnen, denn an der Art und Weise wie das ablief, daran habe ich doch ganz schön zu knabbern. Das hätte man nach so langer Zeit sicher anders machen können.

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