Bietigheimer Zeitung
Schwitzen in dünner Luft
SG BBM sorgt im Fitness-Bereich für ein Novum in der Handball-Szene
Die Handballer der SG BBM Bietigheim gehen neue Wege, um sich die nötige Ausdauer für den Zweitliga-Alltag zu holen. Im Rehazentrum Hess absolvieren sie während der WM-Pause ein Höhentraining.
Es muss nicht immer St. Moritz sein. Die Spieler der SG BBM bereiten sich derzeit im "Höhentrainingslager" auf die heiße Saisonphase in der Zweiten Bundesliga Süd vor. Doch dieses findet nicht etwa im berühmten Schweizer Wintersportort statt oder gar in Südtirol oder Mexiko. Nein, Bietigheims Handballer genießen die leistungssteigernde dünne Luft in der Heimat. Physiotherapeut Milko Hess schickt seine Schützlinge während der WM-bedingten Zwangspause im Auftrag von Coach Jochen Zürn zweimal die Woche in die Höhenkammer seines Rehazentrums und simuliert dort Bedingungen, wie sie in 3000 Meter Höhe herrschen.
Bereits im vergangenen Juli und August haben die Spieler in dem zweimal drei Meter kleinen Fitnessraum auf dem Rad und dem Laufband geschwitzt und sich bei insgesamt 15 Einheiten unter Höhenluftbedingungen die nötige Kondition für die kräftezehrende Runde geholt. Abgesehen von der Vorbereitung nutzt die SG BBM das Höhentraining auch bei der Rehabilitation verletzter Spieler. Wissenschaftlich begleitet wird das Programm von der Sporthochschule Köln.
"Die bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen sind überragend", erzählt Hess und freut sich, dass die Zweitliga-Recken auf diese Weise besonders intensiv trainieren und sich, verglichen mit konventionellen Methoden, eine schnellere Regenerationszeit und eine höhere Leistungsfähigkeit erarbeiten. Damit sich niemand überanstrengt, kontrolliert jeder Akteur an den einzelnen Stationen des Zirkeltrainings selbstständig, dass er in dem individuell für ihn vorgegebenen Pulsbereich bleibt.
Nicht nur die Laktatwerte der Handballer sind dabei Indikatoren für den Erfolg des Höhentrainings. Die Spieler geben Hess und Abteilungsleiter Nils Heinze regelmäßig die Rückmeldung, sich subjektiv fitter zu fühlen. Auch die bisherigen Bietigheimer Spiele haben gezeigt, dass das Team gerade in der oft entscheidenden Schlussphase noch zulegen kann. "Durch das Höhentraining kompensieren wir, dass wir nur fünfmal pro Woche trainieren", sagt Hess und verweist auf die Topclubs wie den Bergischen HC oder die HSG Düsseldorf, die unter Profi-Bedingungen arbeiten und ihre Spieler bis zu achtmal wöchentlich zu den Übungseinheiten bitten - ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Die SG BBM ist der einzige Verein im Profihandball, der auf das Höhentraining setzt und damit ein echter Trendsetter. "Was wir machen, ist ein Novum", bestätigt Hess. Seit seinem Engagement bei den Leichtathleten aus Katar und Saudi Arabien, die er bis 2004 jahrelang ins Trainingslager nach St. Moritz begleitet hat, ist der 51-Jährige ein überzeugter Verfechter des Konzepts. Obwohl die Infrastruktur und das Know-how deutschlandweit in 25 Instituten zur Verfügung steht, spielt die moderne Form der Körperertüchtigung in den Mannschaftssportarten noch keine Rolle - im Gegensatz etwa zur Leichtathletik oder zum Triathlon.
Auch bei den Bietigheimer Spielern kommen die Einheiten gut an. "Es ist angenehmer und abwechslungsreicher, als immer nur Stadionrunden zu laufen", findet Rechtsaußen Sebastian Knierim, "dass man sich in der Höhe befindet, merkt man kaum." Allerdings ist die Anstrengung größer als im Freien. "Da hat man keine Luft, sich zu unterhalten", sagt Knierim.