Ludwigsburger Kreiszeitung
Im Handball-Derby fallen 79 Tore
Bietigheim-Metterzimmern behält mit 40:39 gegen Ludwigsburg knapp die Oberhand
„Macht hoch die Tür, die Tor' macht weit" - richtig weihnachtlich waren die Zweitbundesliga-Handballer der SG Bietigheim-Metterzimmern und der SG HBR Ludwigsburg am Samstagabend gestimmt. 79 Treffer (!) bescherten sie sich am Tag vor Heiligabend, wobei sich die Hausherren mit ihrem 40:39 (18:17)-Sieg zwei Punkte auf den Gabentisch legten, während für die Ludwigsburger die dritte Niederlage binnen einer Woche eine „schöne Bescherung" war.
Die gut 1400 Zuschauer in der randvollen Sporthalle am Viadukt bekamen eine muntere Samstagabend-Unterhaltung geboten, gegen die „Wetten, dass" oft eine müde Show ist.
Zwar gab es auf beiden Seiten so einiges zu bemängeln (wie etwa eine unzureichende Abwehrleistung, Torhüter inklusive), doch Langeweile kam keine Sekunde auf. Schließlich gab es 47 Minuten lang nie einen größeren Vorsprung als zwei Tore.
Doch den konnten zunächst weder die Gastgeber (erstmals beim 15:13 in der 22. Minute entsprechend in Front) noch die Gäste (für sie stand in der 35. Minute 20:22) halten.
So richtig in Feierstimmung aber gerieten dann die Bietighei-mer Fans ab der 47. Minute, als „ihre" Mannschaft zunächst vier Tore (32:28/49.) und dann gar fünf Treffer (35:30/53.) vorlegte.
Für diese höchste Führung sorgte Thorsten Salzer, der mit seinen 10 Toren (davon 3 Siebenmeter) auch erfolgreichster Werfer des Spiels war, mit einem Solo. Er hatte einen von (zu) vielen schlechten Pässen unterbunden und war allein auf das HBR-Gehäuse zugesteuert.
Das Spiel schien entschieden. Aber das wollten die Ludwigsburger nicht zulassen. Robin Haller (mit neun Toren bester HBR-Werfer und damit als Kreisläufer den verletzten Pascal Mor-gant glänzend vertretend), Pierre Freudl mit einem an Haller verschuldeten Siebenmeter und Stefan Klaus mit einem Tempogegenstoß (von einem der auch vielen schlecht geworfenen
Bietigheimer Pässe profitierend) verkürzten auf 35:33, bevor Salzer nervenstark seinen zweiten Siebenmeter zum 36:33 verwandelte (wie auch später seinen dritten zum 39:38).
Der Ex-Oßweiler Christian Löffler sorgte dann auch noch, zweimal für ein Drei-Tore-Polster der Hausherren (37:34/56. und 38:35/57.), doch dann schafften Andreas Rönnberg und erneut Haller den 38:37-Anschluss.
Nun hielt es die Zuschauer kaum noch auf den Sitzen. Haller verabschiedete sich dann zwar mit einer Zweiminutenstrafe, so dass Ludwigsburg die restliche Zeit in Unterzahl agieren musste, doch diesen Vorteil wusste die Mannschaft von SGBM-Trainer Severin Englmann nicht zu nutzen.
Im Gegenteil: Freudl nutzte einen erneuten Bietigheimer Fehler zum Tempogegenstoß und dem 38:38-Ausgleich (59.). Danach markierte Salzer das bereits erwähnte 39:38, doch Nils Brandt schaffte in der 60. Minute den 39:39-Gleichstand.
14 Sekunden vor Schluss setzte dann Löffler den Treffer zum 40:39-Endstand. Den vielleicht noch möglichen Punktgewinn in der verbleibenden Restzeit von 11 Sekunden (die HBR hatte noch eine Auszeit genommen) gaben die Gäste dann aber mit, einem letzten unnötigen
Ballverlust endgültig aus der Hand. Während die Bietigheimer über alle in den 60 Minuten „vollbrachten" Fehlleistungen mit dem Schlusspfiff das Mäntelchen des Schweigens breiten konnten, durften sich die Ludwigsburger (unter anderem) fragen, wie etwa Sebastian Sauerland in der zweiten Halbzeit sieben seiner acht Tore erzielen konnte - ohne dass jemand auf die Idee gekommen wäre, sich mal etwas eher aus dem ohnehin sehr brüchigen Abwehrverbund zu lösen, um Sauerland vielleicht doch mal beim Wurf zu stören.
Bietigheimer Zeitung
Salzer und Löffler veredeln Sauerlands Gala
SG Bietigheim/Metterzimmern gewinnt mit 40:39 (18:17) gegen die HBR Ludwigsburg
Welch ein Jahresabschluss für die SG Bietigheim/Metterzimmern: Mit einem 40:39-Sieg im spannenden Derby gegen die HBR Ludwigsburg vor 1600 Zuschauern beendete die SG die Vorrunde in der Zweiten Bundesliga. Das Siegtor erzielte Löffler 14 Sekunden vor Schluss.
War das ein Jubel am Samstag gegen halb zehn in der proppenvollen Sporthalle Am Viadukt: Die Anhänger der SG feierten den verdienten Sieg, aber auch die neutralen Zuschauer und Fans der HBR konnten zufrieden in die Weihnachtsfeiertage gehen. Alle hatten sie ein bis zur letzten Sekunde spannendes, sehr torreiches Derby erlebt, in dem beide Mannschaften weitgehend auf Abwehrarbeit verzichteten. Schöne Spielzüge, sehenswerte Tore, die oft auch im Sekundentakt - und das alles in einem absolut fairen Rahmen. Dass bei 79 Treffern in 60 Minuten allzu große taktische Maßnahmen eine untergeordnete Rolle spielen mussten, und dass die Partie von Fehlern (auch von den oftmals etwas zu kleinlich leitenden Unparteiischen) begleitet wurde, ist da keine Überraschung gewesen.
Die Gäste aus Ludwigsburg wirkten eingespielter, etwas eleganter in ihren Kombinationen Die SG versuchte es mit mehr Entschlossenheit, mehr Kampf, mehr Begeisterung. Die sonstigen Torgaranten Jeremias Rose und Tomas Lanci traten etwas zurück, dafür erhöhten andere ihre Torquote. Allen voran Thorsten Salzer, dem zehn Treffer gelangen und der eine ganz starke Leistung ablieferte, sowie Sebastian Sauerland, dem sieben Treffer gelangen. Sechs davon sorgten für die SG-Tore 26 bis 31!
Das war die Phase, in der sich die HBR im Angriff einige Fehlwürfe gegen die Torhüter Honisch und Gysin leistete und zudem technische Fehler produzierte.
Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit hatten beide Mannschaften die Zuschauer erneut mit reichlich Toren verwöhnt. Das war ihnen auch in der ersten Halbzeit ausreichend gelungen. Nachdem es bis zum 27:27 sehr eng war bei den Zwischenständen, sich keine Mannschaft lange Zeit mit mehr als einem Treffer hatte absetzen können - die SG lag kurz vor der Pause mal mit 16:14 vorne - sorgte Sauerland mit seinen hammerharten und exakt platzierten Würfen für einen kleinen Vorsprung, der beim 31:28 erstmals drei Tore betrug.
Später veredelten Thorsten Salzer und Christian Löffler die Torgala von Sebastian Sauerland mit ihren Treffern zum Sieg. Denn auch sie hatten Trefferserien, ohne dass dazwischen ein anderer Mitspieler getroffen hatte.
Die erste Vier-Tore-Führung gelang den Gastgebern beim 32;28, erstmals mit fünf Toren in Führung lagen sie beim 35:30. Als sich die HBR auf 35:33 herangekämpft hatte, wurde es nochmals eng, obwohl die SG später auch 37:34 vorne lag. Trotz des starken Torhüters Gysin, der nach 45 Minuten den ebenfalls gut haltenden Honisch abgelöst hatte, kamen die Ludwigsburger in Unterzahl in letzter Minute zum 39:39-Ausgleich. Danach hatte die SG 56 Sekunden Zeit, um mit ihrem letzten Angriff den möglichen Siegtreffer vorzubereiten.
Als Christian Löffler 14 Sekunden vor Schluss das 40:39 erzielte, saß kaum mehr ein Zuschauer auf der Tribüne, alle fieberten mit bei diesem Krimi mit Ball. Aber die HBR hatte noch elf Sekunden Zeit, sich zum letzten Wurf zu formieren, aber die Zeit verstrich und mündete im Jubelsturm. Dass ausgerechnet Christian Löffler der Siegtreffer gelungen war, passte zum Derby, denn Löffler spielte in der vergangenen Saison noch beim HBR-Kooperationspartner TSG Oßweil.
Bei der in der Offensive, abgesehen von den Schwächen Mitte der zweiten Halbzeit, ebenfalls starken HBR-Mannschaft glänzten vor allem der treffsichere Kreisläufer Robin Haller, der junge Rechtsaußen Peter Jungwirth und der lange Gunnar Dietrich, der aus dem Rückraum traf wie er wollte. Ihm stellten sich die Gastgeber (zu) selten entschlossen in den Weg.
Das Derby wollten sich auch die Oberbürgermeister aller drei beteiligten Städte nicht entgehen lassen: Jürgen Kessing als Hausherr der Handball-Hochburg Bietigheim-Bissingen hatte seine Amtskollegen Werner Spec aus Ludwigsburg und Ulrich Rommelfanger aus Kornwestheim zu Gast.
STATISTIK
SG Bietigheim/Metterzimmern: Honisch, Gysin; Grimm, Salzer (10 Tore/3 per Siebenmeter), Amann (3), Heuberger (3), Henning (2), Lanci (3), Rose (4/2), Catak (2), Löffler (5), Sauerland (6).
HBR Ludwigsburg: Heger, Krotz; C. Hinz, Rönnberg (3), Brandt (5), Bauer (3/2), Jungwirth (5), Freudl (4/2), Matschke (3), Dietrich (7), Abend, Haller (8), Klaus (1).
Schiedsrichter: Hilfinger/Kroner (Ulm/Senden).
Zuschauer: 1600.
Größter Gewinner waren die Zuschauer
Für Severin Englmann, den Trainer der SG Bietigheim/Metterzimmern, waren "die Zuschauer der größte Gewinner" im Zweitliga-Derby gegen die HBR Ludwigsburg. Zufrieden ist der SG-Coach auch mit dem Verlauf der Vorrunde in der Zweiten Liga und den 19 Punkten.
"Das war eine absolute Mannschaftsleistung", strahlte Sebastian Sauerland nach dem Derbysieg, merkte aber auch an: "Vielleicht hätten wir zum Schluss die Überzahl souveräner ausspielen müssen." Dass es noch knapp geworden ist für die SG, hatte für den langen Blonden aber einen erfreulichen Aspekt: "Gerade ein Derby mit nur einem Tor zu gewinnen macht doch viel mehr Spaß, als mit zehn." Sebastian Sauerland war maßgeblich daran beteiligt, dass sich die SG Mitte der zweiten Halbzeit etwas absetzen konnte, denn er erzielte die Treffer 26 bis 31. "Das ist mir auch noch nicht so oft passiert", hatte Sauerland auch persönlich allen Grund zur Freude.
Sauerlands Trainer Severin Englmann richtig stolz auf seine Mannschaft: "Wir waren in ein paar Phasen richtig geil auf den Sieg, die ganze Mannschaft stand volle Pulle dahinter. Wir konnten eine Schippe drauflegen. Ludwigsburg hat sehr durchsichtig gespielt und das Spiel nicht in den Griff bekommen. Es war eine schöne Werbung für die ganze Region und ein Klassespiel in der Zweiten Liga."
Mit der Ausbeute nach der Vorrunde ist Englmann auch zufrieden: "Wir wollten 19 Punkte und wir haben 19. Vielleicht hätten wir das eine oder andere Spiel noch gewinnen können, aber wir haben sechs neue Spieler, das braucht Zeit."
Am heutigen Mittwoch nimmt die SG an einem internationalen Turnier in Dessau teil, ab morgen beginnt eine zehntägige Pause. Dann hat Trainer Englmann sechs Wochen Zeit, sein Team auf die Rückrunde vorzubereiten, die für die SG mit dem Auswärtsspiel am 9. Februar in Dormagen beginnt, das erste Heimspiel 2007 findet am 17. Februar gegen Aue statt.
"Wir wollen dann so schnell als möglich 28 Punkte holen, damit wir in Ruhe die nächste Saison planen können. Das war in den letzten Jahren nie möglich", soll nach dem Wunsch von Severin Englmann der Klassenerhalt rasch vollends perfekt gemacht werden, um sich dann neue Saisonziele setzen zu können.
"Das war ein Bombenspiel für die Zuschauer, ein Derby wie es sein soll", war Ludwigsburgs Trainer Henk Groener angetan von den 60 spannenden Minuten. "Es war im Angriff ein schönes Spiel", umschrieb der Niederländer die Abwehrschwächen auf beiden Seiten. "Ich bin natürlich traurig dass wir nicht gewonnen haben. Und das bei 39 Toren auswärts. Mitte der zweiten Halbzeit haben wir einige Angriffe vergeben, uns aber wieder rangekämpft und alles gegeben."
Tendenz zur Porsche-Arena
Durch die Niederlage hat die HBR den Relegationsplatz weiter aus den Augen verloren, muss sich wohl auf eine weitere Saison in der Zweiten Liga vorbereiten. Die wird aller Voraussicht nach unter anderem Namen und in der Porsche-Arena in Stuttgart gespielt werden, denn dem Vernehmen nach tendiert der federführende Kornwestheimer Partner der HBR eindeutig in diese Richtung.
Nach unseren Informationen soll bereits heute die Entscheidung verkündet werden. "Definitiv nicht", dementierte HBR-Geschäftsführer Markus Graf am Samstagabend noch, dass die endgültige Entscheidung bereits vor Weihnachten gefallen sei. Graf, der am Freitag beim Eishockeyspiel der Steelers gegen Schwenningen in der Porsche-Arena zu Gast war, bestätigte aber, dass am Samstag weitere Gespräche geführt worden sind: "Wir sind zusammengesessen und da ist auch über dieses Thema gesprochen worden."